Wie kann künstliche Intelligenz mit dem Wissen und der Erfahrung von Ärzten zusammenspielen? Ist die Welle der KI-Produkte ein Segen oder ein Fluch für die Medizin und für Ärzte?

medizin und künstliche intelligenz

Wir beleuchten in diesem Artikel einige Aspekte, wo künstliche Intelligenz in der Medizin eingesetzt werden kann.

Was ist künstliche Intelligenz eigentlich?

Bevor wir in die Anwendung künstlicher Intelligenz im medizinischen Umfeld einsteigen, wollen ganz kurz abstecken, was KI eigentlich ist.

Ein KI-System ist im Wesentlichen ein Computer Algorithmus, der in der Lage ist, selbständig Muster in Daten zu erkennen und so Zusammenhänge zu erlernen, die nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind.

In der Wirtschaft setzen inzwischen schon mehr als die Hälfte aller Betriebe KI-Systeme ein, um Abläufe und Prozesse zu optimieren bzw. zu beschleunigen.

Auch in der Medizin findet KI schrittweise Einzug in die Behandlungsräume. Insbesondere im Bereich der Früherkennung von Krankheiten in der Dermatologie, Augenheilkunde und vor allem in der bildgebenden Diagnostik werden Ärzte bereits durch Computersysteme unterstützt.

KI in der Augenheilkunde

In der Augenheilkunde sind bereits Systeme in der Erprobungsphase, die schnell und effektiv Bilder der Augen analysieren können. Auf diese Weise erkennt der Computer Erkrankungen des Auges, wie etwa altersbedingte Makulardegeneration oder diabetische Retinopathie schon in sehr frühen Phasen des Krankheitsverlaufs. So kann frühzeitig mit der entsprechenden Therapie begonnen werden und ein größtmöglicher Heilungserfolg erzielt werden.

Doch diese Analyse geht noch tiefer. Mithilfe dreidimensionaler Bilder analysiert die künstliche Intelligenz auch die kleinsten Blutgefäße im Auge und erlaubt so Rückschlüsse auf den Zustand der Blutgefäße im Gehirn, im Herzen oder auch in den Nieren.

Wir von we-make.ai und doctory.at haben anhand von Trainingsdaten ein solches System prototypisch entworfen, das sie direkt unter folgendem Link testen können: detect-eye-diseases-Prototyp

Ein Bild einer Netzhaut mit Makuladegeneration, mit dem Sie unser System testen können, finden Sie zum Beispiel hier.

Die Wissenschaft erwartet sich zusätzlich über die Analyse der feinen Blutgefäße im Auge in Zukunft damit sogar weitere Untersuchungen wie etwa kardiologische Tests ersetzen zu können.

Dies würde natürlich eine Kostenreduktion für das Gesundheitssystem und weniger Aufwand für den Patienten bedeuten.

Dermatologie - Hautkrebsvorsorge mittels künstlicher Intelligenz

Auch in der Dermatologie - insbesondere bei der Erkennung und Diagnose von Hautkrebs - spielt künstliche Intelligenz bereits eine große Rolle und erleichtert Patienten wie auch Ärzten die Behandlung.

Die Unterscheidung von schwarzem Hautkrebs und gutartigen Muttermalen schafft der Computer inzwischen genauso gut, wie erfahrene Hautärzte mittels Auflichtmikroskop: Deep learning algorithm does as well as dermatologists in identifying skin cancer.

So ist es etwa denkbar, dass die Muttermal Abklärung bereits beim Hausarzt durchgeführt werden kann und der Gang zum Facharzt erst für eine mögliche Therapie und Behandlung erforderlich wird.

Doch nicht nur beim Erkennen, auch bei der Wahl und Planung der Behandlungsmöglichkeiten kann die künstliche Intelligenz für den Dermatologen ein Unterstützungswerkzeug darstellen und eine individualisierte Medizin ermöglichen.

Für die Zukunft kann man entsprechende Apps zum regelmäßigen “Selbst-Check” durch den Patienten oder einen “Vollscanner”, der den gesamten Körper des Patienten hinsichtlich gefährlicher Hautveränderungen analysiert, erwarten.

Radiologie 2.0 - Ohne Ärzte?

Die Radiologie als Gesamtfach ist sicher jener Bereich der Medizin, der in der nahen Zukunft am stärksten vom Einzug der künstlichen Intelligenz verändert werden wird.

Hier kann die KI ihr volles Potential bei der Analyse von Röntgen- und Ultraschallbildern sowie MRT und CRT Ergebnissen ausspielen.

Die Vorteile liegen auch klar auf der Hand:

  • Die Untersuchung erfolgt deutlich schneller. D.h. die Wartezeit auf Termine wird für Patienten verkürzt.
  • Dadurch kann in vielen Fällen eine frühere Erkennung von Krankheiten und damit eine schnellere Behandlung erfolgen.
  • Physische Belastung durch Strahlung sowie psychische Belastung durch lange Wartezeiten auf die Untersuchung werden für Patienten reduziert.
  • Zusätzlich zu klassischen radiologischen Untersuchung können Tumore auch sequenziert werden. Hier dringt die Radiologie in den Bereich der Biopsien vor und gibt gleich Hinweise auf erfolgversprechende Behandlungen.
  • Das KI-System kann aufgrund der Analyse auch gleich die Befunde vorformulieren. Diese müssen dann nur mehr durch den Arzt freigegeben werden.

Für die Ärzte bleibt mehr Zeit, komplexe und unklare Fälle mit Kollegen aus dem Fachbereich sowie hinsichtlich Therapie mit angrenzenden Fachbereichen zu diskutieren.

Ersetzt künstliche Intelligenz Ärzte?

Anschließend muss natürlich die Frage gestellt werden, die Betroffenen wahrscheinlich schon auf den Lippen brennt: Werden Ärzte in Zukunft durch Maschinen ersetzt?

Die Antwort darauf lautet: Ja.

… Doch nicht in allen Bereichen.

Künstliche Intelligenz wird ein Werkzeug sein, das Ärzten in Zukunft zur Hand liegt, um effizienter arbeiten zu können. KI wird aber den Arzt als Mensch nicht ersetzen können, da dem Arzt zu einem großen Teil auch nicht rein medizinische Aufgaben zukommen.

Was kann eine künstliche Intelligenz in der Medizin also NICHT leisten?

Wie in anderen Bereichen auch, sind KI-Systeme gut bei Aufgaben, die standardisierbar sind und schlecht bei Aufgaben, die menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, Empathie, etc. fordern.

Hier ermöglicht künstliche Intelligenz in der Medizin, Ärzte von administrativen und Routineaufgaben zu entlasten. Sie können sich somit besser den schwierigen, komplexen Fällen und der Arzt-Patienten Interaktion widmen.

Oder könnten Sie sich vorstellen, ein individuelles Aufklärungsgespräch über eine Therapie mit einem KI-System zu führen?

Weitere Literatur zum Thema künstliche Intelligenz in der Medizin:

Dr. Bernhard J. Mayr, MBA

Autor: Dr. Mayr bringt seine langjährige Erfahrung aus der Softwareentwicklung und dem Vertrieb von Softwareprodukten ein.